Internationale Delegation informiert sich im Naturpark Südschwarzwald über das Hinterwälder- und das Vorderwälderrind
Europäische Woche der lokalen Bergrassen
Feldberg/Lenzkirch/Zell im Wiesental - Im Rahmen einer internationalen Konferenz im französischen Colmar führte am 23. September 2021 ein Exkursionstag in den Naturpark Südschwarzwald zu zwei landwirtschaftlichen Betrieben, die die seltenen Schwarzwälder Rinderrassen Vorderwälder und Hinterwälder züchten.
Ende September trafen in Colmar französische und europäische Fachleute, Landwirt*innen und politische Entscheidungsträger*innen zur Dritten Europäischen Woche der lokalen Bergrassen zusammen, um sich über den aktuellen Wissensstand, Schutzmöglichkeiten, politische Rahmenbedingungen und Praxisthemen auszutauschen.
Im Zentrum des Interesses standen die robusten Schaf- und Rinderrassen der Gebirge. Nach vergleichbaren Veranstaltungen in den Pyrenäen 2016 und im Zentralmassiv 2018 waren nun die Vogesen mit dem Vogesenrind an der Reihe. Vor Ort wurde die Veranstaltung von der französischen Organisation CORAM (für Details s. Anlage), der elsässischen Landwirtschaftskammer und dem französischen Naturpark Südvogesen (Parc naturel régional des Ballons des Vosges) organisiert.
Von Montag bis Mittwoch tagte die Konferenz in Colmar, außerdem gab es Exkursionen zu Zuchtbetrieben des Vogesenrindes. Am Donnerstag, 23.09.2021, führte eine ganztägige Exkursion in den Schwarzwald. Die Organisation hatte der Naturpark Südschwarzwald auf Bitte des elsässischen Partner-Naturparks und der Landwirtschaftskammer Elsass übernommen. Im Mittelpunkt des Interesses standen die beiden traditionellen Schwarzwälder Rinderrassen Hinterwälder und Vorderwälder.
Die 50-köpfige internationale Delegation bestand aus Mitgliedern verschiedener französischer und internationaler Verbände von Nutztierhaltern, landwirtschaftlichen und Landschaftspflege-Organisationen, Landwirtschaftsschulen, außerdem aktiven Landwirtinnen und Landwirten sowie Vertreterinnen und Vertretern aus Kommunalpolitik und Großschutzgebieten.
Auf dem Programm standen die Besuche von zwei landwirtschaftlichen Betrieben: Auf dem Hierahof in Lenzkirch-Saig produziert die Familie Karola und Mathias Brugger mit ihrer Vorderwälderherde Milch, die auf dem nahegelegenen Schwendehof zu Biokäse verarbeitet wird.
Der Hof der Familie Ramona und Thomas Kiefer in Zell i. W.-Pfaffenberg ist einer der selten gewordenen Milchviehbetriebe mit Hinterwälderrindern. Er wird im Nebenerwerb bewirtschaftet, die Biomilch wird an die Schwarzwaldmilch abgegeben.
Die Landwirtsfamilien stellten ihre Höfe und die Rinder vor, weitere Fragen, beispielsweise zu Direktvermarktung und Landschaftspflege, zu Agrarsubventionen und zu Hofübergabe wurden mit den Gästen diskutiert. Dank einer deutsch-französischen Simultanübersetzung entstand ein reger Austausch insbesondere zwischen den Praktikerinnen und Praktikern.
Eine detaillierte Vorstellung der Vorderwälder und Hinterwälder übernahm der Zuchtleiter für Wäldervieh Dr. Franz Maus gemeinsam mit den Betriebsleitern. Darüber hinaus präsentierte Suzanne van Dijk, UNIQUE forestry and land use GmbH, Forschungsergebnisse aus verschiedenen vom Naturpark Südschwarzwald initiierten Projekten zu Klimaanpassungsstrategien für die Landwirtschaft.
Weiterhin wurden die speziellen landwirtschaftlichen Rahmenbedingungen im Südschwarzwald von Dr. Sonja Amann, Landwirtschaftsamt Lörrach, und Florian Brossette, Biosphärengebiert Schwarzwald, beschrieben.
Von deutscher Seite wurde die Exkursion begleitet von Michael Krumm, dem leitenden Landwirtschaftsdirektor beim Regierungspräsidium Freiburg, Hildegard Schelshorn, Vorsitzende des Fördervereins Hinterwäldervieh e. V., Markus Kaiser von der Erzeugergemeinschaft Schwarzwald Bio-Weiderind, Peter Palme, Bürgermeister der Stadt Zell im Wiesental und Roland Schöttle, Geschäftsführer des Naturparks Südschwarzwald.
Auch das leibliche Wohl kam nicht zu kurz. Nach einer Verkostung von hofeigenem Käse und Heumilch auf dem Hierahof wurden mittags im Berggasthof Schlüssel in Pfaffenberg Rindfleischsalat und Rouladen von einem Hinterwälderrind der Familie Kiefer serviert.
Die Bedeutung der Robust-Rassen, die besonders gut an die klimatischen Bedingungen und die Futterzusammensetzung der Wiesen in den Hochlagen angepasst sind, wird beispielsweise daran deutlich, dass die Tiere auch mit wenig oder ganz ohne Kraftfuttergaben einen guten Fleischansatz haben. Die hohe Fleischqualität der Hinterwälder ist weithin bekannt, wobei sie als eine der kleinsten Rinderrassen weltweit natürlich geringere Schlachtgewichte bringen. Die Vermarktung der Produkte speziell der Hinterwälder und Vorderwälder ist noch ausbaufähig und sollte dringend forciert werden. Nur so können diese ursprünglichen und selten gewordenen Rassen, bei denen das Motto "Klasse statt Masse" gilt, auf Dauer erhalten werden. Von Seiten der Landwirtschaftspolitik muss die Haltung von Robust-Rassen von einer angemessenen Förderung flankiert werden, sodass die Zuchtbetriebe wettbewerbsfähig bleiben. Dies gilt allerdings auch für das Vogesenrind und die meisten europäischen Bergrassen.
Die robusten Bergrassen prägen die Landschaften, in denen sie entstanden sind, und sind somit auch kulturelle Schätze, die es zu bewahren gilt.
Anlage:
Informationen zur Organisation CORAM und zur Europäischen Woche der lokalen Bergrassen
Bildnachweise (© Naturpark Südschwarzwald):
Bild 1: Der Zuchtleiter Dr. Franz Maus (r.) erläutert der Exkursionsgruppe die Vorzüge der Vorderwälderrinder auf dem Hierahof in Lenzkirch-Saig.
Bild 2: Familie Valentin, Ramona und Thomas Kiefer (v. r.) stellt der Exkursionsgruppe ihren Betrieb in Zell-Pfaffenberg vor (l.: Naturpark-Geschäftsführer Roland Schöttle).
Bild 3: Hinterwälderrinder gehören zur einzigarten Kulturlandschaft des Südschwarzwaldes dazu.
Feldberg/Lenzkirch/Zell im Wiesental - Im Rahmen einer internationalen Konferenz im französischen Colmar führte am 23. September 2021 ein Exkursionstag in den Naturpark Südschwarzwald zu zwei landwirtschaftlichen Betrieben, die die seltenen Schwarzwälder Rinderrassen Vorderwälder und Hinterwälder züchten.
Ende September trafen in Colmar französische und europäische Fachleute, Landwirt*innen und politische Entscheidungsträger*innen zur Dritten Europäischen Woche der lokalen Bergrassen zusammen, um sich über den aktuellen Wissensstand, Schutzmöglichkeiten, politische Rahmenbedingungen und Praxisthemen auszutauschen.
Im Zentrum des Interesses standen die robusten Schaf- und Rinderrassen der Gebirge. Nach vergleichbaren Veranstaltungen in den Pyrenäen 2016 und im Zentralmassiv 2018 waren nun die Vogesen mit dem Vogesenrind an der Reihe. Vor Ort wurde die Veranstaltung von der französischen Organisation CORAM (für Details s. Anlage), der elsässischen Landwirtschaftskammer und dem französischen Naturpark Südvogesen (Parc naturel régional des Ballons des Vosges) organisiert.
Von Montag bis Mittwoch tagte die Konferenz in Colmar, außerdem gab es Exkursionen zu Zuchtbetrieben des Vogesenrindes. Am Donnerstag, 23.09.2021, führte eine ganztägige Exkursion in den Schwarzwald. Die Organisation hatte der Naturpark Südschwarzwald auf Bitte des elsässischen Partner-Naturparks und der Landwirtschaftskammer Elsass übernommen. Im Mittelpunkt des Interesses standen die beiden traditionellen Schwarzwälder Rinderrassen Hinterwälder und Vorderwälder.
Die 50-köpfige internationale Delegation bestand aus Mitgliedern verschiedener französischer und internationaler Verbände von Nutztierhaltern, landwirtschaftlichen und Landschaftspflege-Organisationen, Landwirtschaftsschulen, außerdem aktiven Landwirtinnen und Landwirten sowie Vertreterinnen und Vertretern aus Kommunalpolitik und Großschutzgebieten.
Auf dem Programm standen die Besuche von zwei landwirtschaftlichen Betrieben: Auf dem Hierahof in Lenzkirch-Saig produziert die Familie Karola und Mathias Brugger mit ihrer Vorderwälderherde Milch, die auf dem nahegelegenen Schwendehof zu Biokäse verarbeitet wird.
Der Hof der Familie Ramona und Thomas Kiefer in Zell i. W.-Pfaffenberg ist einer der selten gewordenen Milchviehbetriebe mit Hinterwälderrindern. Er wird im Nebenerwerb bewirtschaftet, die Biomilch wird an die Schwarzwaldmilch abgegeben.
Die Landwirtsfamilien stellten ihre Höfe und die Rinder vor, weitere Fragen, beispielsweise zu Direktvermarktung und Landschaftspflege, zu Agrarsubventionen und zu Hofübergabe wurden mit den Gästen diskutiert. Dank einer deutsch-französischen Simultanübersetzung entstand ein reger Austausch insbesondere zwischen den Praktikerinnen und Praktikern.
Eine detaillierte Vorstellung der Vorderwälder und Hinterwälder übernahm der Zuchtleiter für Wäldervieh Dr. Franz Maus gemeinsam mit den Betriebsleitern. Darüber hinaus präsentierte Suzanne van Dijk, UNIQUE forestry and land use GmbH, Forschungsergebnisse aus verschiedenen vom Naturpark Südschwarzwald initiierten Projekten zu Klimaanpassungsstrategien für die Landwirtschaft.
Weiterhin wurden die speziellen landwirtschaftlichen Rahmenbedingungen im Südschwarzwald von Dr. Sonja Amann, Landwirtschaftsamt Lörrach, und Florian Brossette, Biosphärengebiert Schwarzwald, beschrieben.
Von deutscher Seite wurde die Exkursion begleitet von Michael Krumm, dem leitenden Landwirtschaftsdirektor beim Regierungspräsidium Freiburg, Hildegard Schelshorn, Vorsitzende des Fördervereins Hinterwäldervieh e. V., Markus Kaiser von der Erzeugergemeinschaft Schwarzwald Bio-Weiderind, Peter Palme, Bürgermeister der Stadt Zell im Wiesental und Roland Schöttle, Geschäftsführer des Naturparks Südschwarzwald.
Auch das leibliche Wohl kam nicht zu kurz. Nach einer Verkostung von hofeigenem Käse und Heumilch auf dem Hierahof wurden mittags im Berggasthof Schlüssel in Pfaffenberg Rindfleischsalat und Rouladen von einem Hinterwälderrind der Familie Kiefer serviert.
Die Bedeutung der Robust-Rassen, die besonders gut an die klimatischen Bedingungen und die Futterzusammensetzung der Wiesen in den Hochlagen angepasst sind, wird beispielsweise daran deutlich, dass die Tiere auch mit wenig oder ganz ohne Kraftfuttergaben einen guten Fleischansatz haben. Die hohe Fleischqualität der Hinterwälder ist weithin bekannt, wobei sie als eine der kleinsten Rinderrassen weltweit natürlich geringere Schlachtgewichte bringen. Die Vermarktung der Produkte speziell der Hinterwälder und Vorderwälder ist noch ausbaufähig und sollte dringend forciert werden. Nur so können diese ursprünglichen und selten gewordenen Rassen, bei denen das Motto "Klasse statt Masse" gilt, auf Dauer erhalten werden. Von Seiten der Landwirtschaftspolitik muss die Haltung von Robust-Rassen von einer angemessenen Förderung flankiert werden, sodass die Zuchtbetriebe wettbewerbsfähig bleiben. Dies gilt allerdings auch für das Vogesenrind und die meisten europäischen Bergrassen.
Die robusten Bergrassen prägen die Landschaften, in denen sie entstanden sind, und sind somit auch kulturelle Schätze, die es zu bewahren gilt.
Anlage:
Informationen zur Organisation CORAM und zur Europäischen Woche der lokalen Bergrassen
Bildnachweise (© Naturpark Südschwarzwald):
Bild 1: Der Zuchtleiter Dr. Franz Maus (r.) erläutert der Exkursionsgruppe die Vorzüge der Vorderwälderrinder auf dem Hierahof in Lenzkirch-Saig.
Bild 2: Familie Valentin, Ramona und Thomas Kiefer (v. r.) stellt der Exkursionsgruppe ihren Betrieb in Zell-Pfaffenberg vor (l.: Naturpark-Geschäftsführer Roland Schöttle).
Bild 3: Hinterwälderrinder gehören zur einzigarten Kulturlandschaft des Südschwarzwaldes dazu.
Download einer Datei
> Informationen zur Organisation CORAM und zur Europäischen Woche der lokalen Bergrassen (PDF, ca. 167 KB)veröffentlicht: Do, 23.09.2021
> Übersicht > Internationale Delegation informiert sich im Naturpark Südschwarzwald über das Hinterwälder- und das Vorderwälderrind